Montag, 13. Dezember 2010

Das letzte Heimspiel 2010

Gestern fand im Ruhrstadion das letzte Heimspiel des VfL Bochum in diesem Jahr statt, weshalb es mal wieder hieß: Ab anne Castroper! Gast war der VfL aus Osnabrück, der mit 15 Punkten aus 15 Spielen nach dem Aufstieg nun wieder in die 3. Liga abzusteigen droht. 


Trotz eisigen Dezember-Wetters hatten sich über 12.000 Zuschauer ins Ruhrstadion begeben und man hatte zum ersten Mal in dieser Saison auf den Stehplätzen keinen 2 Meter großen Aktionsradius in alle Richtungen. Der VfL begann mit einem 4-3-3, wobei Marc Pfertzel für den Verletzten Matias Concha und Zlatko Dedic für Marc Rzatkowski in die Startelf rückten. Die erste Halbzeit begann relativ vielversprechend, der VfL beherrschte das Spiel quasi von Anfang an, auch wenn es zunächst nicht zu zwingenden Möglichkeiten kam. Kopplin, der mal wieder auf links spielen muste und Pfertzel, der langsam aber sicher an einen Abschied aus Bochum denken sollte, schafften es nicht, bei Ballgewinn schnell umzuschalten und so das Spiel schnell zu machen. Das Spiel fand daher grötenteils im Mittelfeld statt und Torraumszenen waren Mangelware - auch wenn Bochum, vor allem durch Saglik und Tese, zu einigen Torabschlüssen kam, die allerdings alle eher harmlos waren. Nichtsdestotrotz hatte man das Gefühl dass das ganze eine relativ sichere Angelegenheit werden würde, vor allem ob der absolut desolaten Vorstellung der Gäste, die bis zur 16. Minute kein einziges Mal vor das Bochumer Gehäuse kamen und äußerst verunsichert wirkten, was vermutlich auch an der derzeitigen Tabellenkonstellation lag. Bis zur 18. Minute trafen Saglik und Tese jeweils einmal das Außennetz und Kopplin verzog nur knapp aus 17 Metern halblinker Position - mehr war bis hierhin nicht zu sehen. Allerdings, wie gesagt, nur bis zur 18. Minute... Zu diesem Zeitpunkt hatte der lila-weiße VfL einen Einwurf ca. 20 Meter vor dem Bochumer Tor zugesprochen bekommen und auf den Bildschirmen im Stadion wurden die Zwischenergebnisse der anderen Partien eingeblendet, was, wie einige Zuschauer später vermuteten, zum 0:1 aus Bochumer Sicht führte. Was war passiert? In Bochum werden die Zwischenergebnisse von der Fiege-Brauerei präsentiert, die ihr Bier in Flaschen mit Bügelverschluss abfüllt, weshalb jede dieser Ergebnis-Einblendungen von drei lauten "Plopps" begleitet wird. Wer schon einmal Fiege getrunken hat, der weiß wie dieser Ton auf die Persönlichkeit des geneigten Biertrinkers wirkt: Man schaut unwillkürlich zum Bildschirm. Dumm nur, dass während dieser "Plopps" der Einwurf ausgeführt, von Anderson, mehr zufällig als gewollt, in den Bochumer Strafraum verlängert und dort von Nils Hansen zum 1:0 verwandelt wurde. Da man aufgrund der in den letzten beiden Spielen gezeigten Leistungen der Mannschaft in der Ostkurve derzeit durchaus dazu geneigt ist, kleinere Fehler zu verzeihen, wurde der Rückstand also auf Fiege geschoben. Vielleicht resultierte er aber auch aus der unzureichenden Zuteilung im Bochumer Strafraum oder aus Anthar Yahias Abwehrverhalten, der Hansen lieber beim Abschluss zusah, anstatt ihn an selbigem zu hindern. Man wird es wohl nie erfahren. Am Spielverlauf änderte dieser Gegentreffer allerdings herzlich wenig; Bochum war weiterhin die überlegene Mannschaft und Osnabrück beschränkte sich wieder darauf, eine 9er Kette vor dem eigenen Tor aufzubauen. Trotz dieser Defensiv-Taktik der Gäste, kam der VfL nun doch das ein oder andere Mal vor das Osnabrücker Tor. In der 23. Minute z.B. überwand Saglik auf der rechten Seite seinen Gegenspieler, wurde allerdings kurz vor dem gegnerischen Strafraum unsanft von Heidrich gestoppt, der ihm von hinten in die Beine fuhr und folgerichtig die gelbe Karte sah. Aus dem Freistoß wurde dann wieder einmal nichts - seitdem Toski und Maric in den Planungen Funkels scheinbar keine Rolle mehr spielen und Freier durch Krankheit ausfällt, sind gute Freistoßschützen in Bochum leider Mangelware. Nur vier Minuten nach dieser Aktion stand dann wieder Heidrich im Mittelpunkt des Geschehens. 17 Meter zentral vor dem eigenen Tor traf er Dabrowski (Körpergröße: 1,95) mit seinem Fuß im Gesicht, als er versuchte einen hohen Ball zu klären. Schiedsrichter Aytekin entschied auf Freistoß für Bochum und zeigte Heidrich die gelb-rote Karte, was im Nachhinein zu einigen Diskussionen führte. Warum darüber allerdings diskutiert wurde, ist mir eher schleierhaft. Wer 4 Minuten zuvor schon die gelbe Karte gesehen hat, der sollte meines Erachtens im Zweikampf versuchen, seinen Fuß nicht knapp 2 Meter über dem Boden zu haben, sondern solche Bälle mit dem Kopf klären - auch wenn das bei einem Christoph Dabrowski eventuell etwas schwierig wird. Den humoristischsten Kommentar zu dieser Szene gab dann Karsten Baumann, seines Zeichens Trainer des VfL Osnabrück, kurz nach dem Spiel ab, als er behauptete, dass diese Szene spielentscheidend gewesen sei und man bis dahin die bessere Mannschaft gewesen wäre. Vor der roten Karte hatte Bochum nicht nur 75% Ballbesitz, sondern es stand nach Torschüssen auch 13:1 für den Gastgeber. Soviel zu den Zahlen des Spiels. Bis zur Pause geschah nun nicht mehr besonders viel, Saglik verzog noch etliche Freistöße aus aussichtsreicher Position und Osnabrück verteidigte weiterhin mit 9 Mann - man verzichtete zu Gunsten der 9er Kette lieber auf einen offensiven Mann.
Zur Pause brachte Funkel dann Rzatkowski für Vogt, der die guten Eindrücke aus Berlin in diesem Spiel leider nicht bestätigen konnte und daher zu Gunsten einer offensiveren Spielweise geopfert wurde. Johansson und Dabrowski waren in der ersten Halbzeit deutlich auffälliger, weshalb die Auswechslung Vogts durchaus in Ordnung ging. Allerdings führte dieser Wechsel erst einmal zu nichts - Bochum rannte sich weiterhin in der Osnabrücker Defensive fest und schaffte es nicht, offensiv die nötigen Impulse zu setzen. Dies änderte sich erst mit dem längst überfälligen Wechsel in der 62. Minute, als der völlig überforderte Pfertzel dem Debütanten Ostrzolek weichen musste und Kopplin auf die rechte Seite wechseln durfte. Prompt nach diesem Wechsel wurde das Bochumer Spiel deutlich schneller und zwingender, was letztendlich im Ausgleichstreffer durch Mahir Saglik endete. Tese sah die Schnittstelle in der Abwehrkette der Gäste und passte genau in den Fuß von Saglik, der aus kürzester Distanz Tino Berbig überwinden konnte und zum verdienten Ausgleich traf (68.). Nach diesem Treffer bekam man nun endlich nach sehr langer Zeit mal wieder das Gefühl, dass diese Mannschaft wirklich gewinnen wollte. Bochum fuhr nun einen Angriff nach dem anderen auf das Osnabrücker Tor und es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis das erste Spiel in dieser Saison gedreht werden würde. Und tatsächlich, nach Freistoß von Saglik kam der Ball auf Dabrowski, der aus 17 Metern abziehen wollte, den Ball allerdings nicht richtig traf und somit unfreiwillig für Chong Tese auflegte, der aus 8 Metern zum 2:1 Führungstreffer einnetzte (72.). Man war als Zuschauer noch davon überrascht, dass dieses Team gerade wirklich ein Spiel gedreht hatte, da kam schon die nächste Überraschung. Die Mannschaft lief kollektiv zur Trainerbank und schnappte sich dort ein Trikot des verletzten Matias Concha, um dieses als Grußzeichen in die Kameras zu halten - eine sehr schöne Geste, die zeigt dass aus der bunt zusammengewürfelten Truppe, die zu Beginn der Saison noch lustlos und unmoviert auftrat, endlich eine Mannschaft zu wachsen scheint.  Der Kommentar Teses zu dieser Szene nach dem Spiel: "Ich da sehr traurig sein, ich kann nix mit ihn spielen. ich wollte so machen, ja". Spielerisch passierte bis zur 90. Minute jetzt nicht mehr allzu viel und da Osnabrück in der zweiten Halbzeit in Richtung Ostkurve spielen musste, bekam man auch keine Torraumszenen mehr zu Gesicht. Den Abschluss der Partie bildeten dann zwei Szenen, die zu einer positiven Tordifferenz für Bochum hätten führen müssen. Zuerst vergab Tese nach wunderschöner Vorarbeit von Saglik freistehend und vollkommen unbedrängt vor dem gegenerischen Tor (90.) und schließlich wurde ein Konter, in dessen Verlauf Saglik und Johansson alleine auf Berbig zuliefen, kläglich vergeben. Während nach einem Freistoß für die Gäste, mit Ausnahme des Torhüters, alle Osnabrücker in der Bochumer Hälfte waren, bekam Saglik den Ball auf Höhe der Mittellinie und lief nun alleine auf Berbig zu, während Johansson rechts mitlief. Anstatt selber zu schießen, versuchte Saglik den Ball auf Höhe des Sechzehners zu Johansson zu passen. Allerdings war dieser Pass so schwach gespielt, dass Berbig keine Mühe hatte, ihn kurz vor Johansson abzufangen (92.). Nach dieser Aktion war dann Schluss und Bochum hatte eine Serie von drei Siegen in Folge perfekt gemacht. 
Man mag es kaum glauben, aber nach diesem Spiel würde ein Sieg in Duisburg dazu führen, dass sogar die direkten Aufstiegsränge wieder in Reichweite lägen. Die historische Heimschlappe vor 3 Spieltagen gegen Ingolstadt (1:4) scheint die Mannschaft wachgerüttelt zu haben und auch die schwere Verletzung Conchas führt offensichtlich zu einer "Jetzt erst recht" Stimmung innerhalb des Teams, das endlich mal wieder mit Kampfgeist auftritt. Positiv ist außerdem die Entwicklung Sagliks, der nach seiner Torvorlage in Berlin nun auch endlich wieder das Tor trifft und im letzten Heimspiel der Hinrunde eindeutig bester Mann auf dem Platz war. Nichtsdestotrotz offenbarte Bochum doch noch einige spielerische Mängel, die einen Aufstieg immer noch relativ unwahrscheinlich erscheinen lassen - Hoffen ist allerdings erlaubt.

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