Sonntag, 28. November 2010

14. Spieltag, 2010/2011

Ein weiterer denkwürdiger Spieltag der Fußball-Bundesliga geht vorüber, an dessen Ende Carmen Thomas doch noch recht behält, in Stuttgart alles unter dem Motto "Nomen est Omen" steht und in Bochum alte Weggefährten endlich wieder in die Arme geschlossen werden können.


Nach dem fulminanten Auftritt der Königsblauen gegen Olympique Lyon (3:0) am Mittwoch, mit dem der vorzeitige Einzug ins Achtelfinale der Champions League perfekt gemacht wurde, ist der graue Bundesliga-Alltag wieder auf Schalke angekommen. Auf dem Betzenberg unterlagen Huntelaar und Co. dem Aufsteiger mit 0:5 (0:2) und gaben damit sämtlichen Sportjournalisten eine Steilvorlage für eine Einleitung ihrer Spielberichte.
Rückblick: Es war der 21. Juli 1973, als Carmen Thomas, die damals als erste Frau überhaupt das "aktuelle Sportstudio" im ZDF moderierte, durch einen Versprecher in die Geschichte der Fußballberichterstattung einging. Während der Anmoderation des Beitrags zum Spiel Standard Lüttich gegen Schalke 04, welches übrigens das letzte auf der "Glückauf-Kampfbahn" war und  aus Schalker Sicht 1:2 verloren ging, machte Frau Thomas aus Schalke 04 kurzerhand Schalke 05, was ihr nicht nur die Häme ihrer gesamten Zunft einbrachte, sondern auch eine Hetzkampagne der Zeitung mit den großen Buchstaben auslöste, welche unmissverständlich ihre sofortige Entlassung forderte. 37 Jahre danach scheint Carmen Thomas nun endlich rehabilitiert, hat sich ihre damalige Anmoderation doch weniger als Versprecher denn als Prophezeiung entpuppt. Durch die Tore von Lakic (2), Amedick, Ilicevic (FE) und zu allem Überfluss auch noch der Schalker Leihgabe Jan Moravek, wurden die "Knappen" wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und stehen nun mit 13 Punkten weiterhin auf dem 15. Tabellenplatz. Was den Verantwortlichen jedoch größere Sorgen bereiten sollte als die aktuelle Position in der Tabelle, ist der blutleere Auftritt der Mannschaft, der letztendlich zu der Niederlage führte. Auch wenn Magath nach dem Spiel Manuel Neuer, Jefferson Farfan und Christoph Metzelder ausdrücklich vom Vorwurf der Leidenschaftslosigkeit freisprach, ist es doch erstaunlich, dass in einer solchen Situation immer noch acht Spieler auf dem Feld stehen, die anscheinend nicht wollen - denn an mangelnden spielerischen Fähigkeiten kann es nicht liegen, wie die Auftritte in der Champions League eindrucksvoll belegen. Quo vadis Schalke? Wir werden sehen...
Doch während den einen zu wenig Leidenschaft und Kampfgeist attestiert wird, muss man weiter südlich mit ganz anderen Problemen kämpfen. Beim VfB Stuttgart ist es zwar ein altbekanntes Schema, dass man die Hinrunde regelmäßig weit unter den Erwartungen des Umfelds beginnt, als nächstes den Trainer entlässt, um dann mit dem neuen Trainer eine Aufholjagd hinzulegen, an dessen Ende der Einzug in die Europa League und manchmal sogar in die Champions League steht. Doch in dieser Spielzeit scheint alles anders zu sein. Nach der Entlassung des vorherigen Trainers Christian Gross, der damals Markus Babbel ersetzte und mit dem am Ende der Saison - natürlich - die Teilnahme an der Europa League erreicht wurde, wurde sein damaliger Co-Trainer Jens Keller als neuer Übungsleiter vorgestellt. Mit ihm gelang den Schwaben zwar ein fulminanter 6:0 Sieg gegen Werder Bremen und ein 2:0 Erfolg über den 1. FC St. Pauli, allerdings wurde an den vergangenen Spieltagen auch durchaus deutlich, wie unregelmäßig die Mannschaft dazu in der Lage ist, ihre Qualität auf den Platz zu bringen. Bestes Beispiel dafür ist das 3:3 (2:0) gegen Kaiserslautern am 12. Spieltag, in dessen Verlauf eine 3:0 Führung noch verspielt wurde. Das Ländle scheint ein charakterliches Problem zu haben, was auch an diesem 14. Spieltag wieder deutlich wurde. Nachdem man beim HSV früh in Rückstand geriet, glich Ciprian Marica bereits in der 9. Minute aus und die Schwaben durften sich gegen stark ersatzgeschwächte Hamburger durchaus Hoffnungen auf einen Punktgewinn machen. Zumindest bis zur 16. Spielminute, als der Torschütze zum 1:1, nach einer vermeintlichen Fehlentscheidung des Schiedsrichters Wolfgang Stark knappe 30 Meter über den Platz auf selbigen zustürmte, ihn seine Sicht der Dinge wissen ließ, und auch nach der Verwarnung für dieses Mitteilungsbedürfnis anscheinend noch nicht genug hatte, sondern den Unparteiischen im Gegenteil auch noch als Arschloch bezeichnete. Logische Konsequenz war eine glatte rote Karte - und die Schwaben waren nur noch zu zehnt. Am Ende hieß es aus Sicht des VfB 2:4. Natürlich ist es zu einfach, die Niederlage alleine dem vollkommen unnötigen Platzverweis zuzuschreiben, allerdings ist die Reaktion der Mannschaft auf selbigen umso bezeichnender. Das Team, das dem HSV zuvor teilweise sogar überlegen war, ließ sich nun komplett hängen und zeigte bis zur Halbzeit eine absolut desolate Leistung, was in einem 1:3 Rückstand zur Pause endete. Das Problem der Stuttgarter ist kein rein sportliches, sondern in erster Linie ein charakterliches. Die Mannschaft ist nicht nur nicht in der Lage eine spielerischer Überlegenheit in einen Sieg umzumünzen, sondern kann auch Rückschläge nicht wegstecken, was an diesem Spieltag wieder besonders deutlich wurde. In der derzeitigen Verfassung wird es den Stuttgartern nicht gelingen, sich für die Europa League, geschweige denn die Champions League, zu qualifizieren. Jens Keller macht seinem Namen bisher alle Ehre. 
Aber nicht nur in der 1. Bundesliga wurde an diesem Wochenende Fußball gespielt, auch das Unterhaus, an dem ich aufgrund der Zugehörigkeit des VfL Bochum derzeit reges Interesse habe, hat den 14. Spieltag hinter sich gelassen. 
Mit großen Ambitionen und einer "Wiederaufstiegsgarantie" ist der VfL Bochum in diese Saison gestartet. Doch von diesen Ambitionen ist man derzeit ungefähr so weit entfernt wie Bayern München von der Meisterschaft.  Nachdem zu Beginn der Saison "Aufstiegsexperte" Friedhelm Funkel als neuer Trainer und einige namhafte Neuverpflichtungen vorgestellt wurden, steht man derzeit mit 19 Punkten auf dem 9. Tabellenplatz. Absolutes Mittelmaß eben. Spieler wie Mahir Saglik (1 Tor), Giovanni Federico (1 Tor), Faton Toski und Björn Kopplin, die in der vorangegangenen Spielzeit durch sehr gute Leistungen auf sich aufmerksam machten, sollten den Unterschied machen und haben bisher allesamt enttäuscht. Einzige Ausnahme ist der Nordkoreaner Chong Tese, der an diesem Spieltag gegen Paderborn bereits sein 7. Pflichtspieltor zum wichtigen 1:0 feiern durfte und in der Winterpause vom japanischen Erstligisten Kawasaki Frontale geholt wurde.
Doch zum Spiel: Am Freitag Abend war der SC Paderborn 07 zu Gast im Bochumer Ruhrstadion und man konnte sich nach der vorherigen Woche (1:4 gegen Ingolstadt) auf einen weiteren frustrierenden Abend gefasst machen. Doch einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es, denn neben dem Totalausfall Federico wurden auch Milos Maric, Mergim Mavraj und Dennis Grote wegen schlechter Trainingsleistungen von Funkel auf die Tribüne verbannt. Stattdessen ließ der Trainer den jungen Debütanten Marc Rzatkowski von Beginn an spielen und auch Chong Tese schien nach längerer Verwirrung um den Zustand seines Knies endlich wieder in Topform zu sein. Und tatsächlich bestimmte der VfL über weite Strecken der ersten Halbzeit nicht nur das Spielgeschehen, sondern ließ einige durchaus sehenswerte Kombinationen sehen, die aber bis zur Pause leider nicht mit einem Torerfolg belohnt wurden - dafür waren die Chancen auch noch nicht zwingend genug. Einziger Aufreger in Hälfte eins war ein nicht gegebener Foulelfmeter an Mahir Saglik, der in der Vorsaison noch für den SC Paderborn die Stiefel schnürte und mit 15 Treffern maßgeblich an der unerwartet guten Endposition (5. Platz) der Paderborner beteiligt war. 5 Meter vor dem Tor der Gäste kam er frei an den Ball und wurde nur durch die allzu herzliche Umarmung eines ehemaligen Teamkollegen am Abschluss gehindert. In Halbzeit zwei machten dann Chong Tese (58.), nach wunderschöner Kombination über Saglik und Johannson, der eingewechselte Zlatko Dedic (78.) nach einem Solo über das halbe Spielfeld und Debütant Rzatkowski (80.) nach Vorarbeit von Kopplin einen 3:0 Heimsieg perfekt. Aufgrund des schwachen Gegners und des immer noch extrem großen Abstands von 10 Punkten auf Platz 3, sind Aufstiegsträumereien allerdings immer noch fehl am Platze.
Der - zugegeben - souveräne Auftritt gegen Paderborn, lässt doch die 1:4 Heimschlappe gegen Ingolstadt, das damalige Schlusslicht der Liga eine Woche zuvor, nicht vergessen und muss nun unbedingt gegen Union Berlin bestätigt werden - ansonsten ist ein direkter Wiederaufstieg wohl endgültig passé.

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